SIDESTREAM MUSIC
von Kevin Behrendt

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Sidestream Music - Infos zur aktuellen Ausgabe

JAHRESCHART 2021

Ein weiteres Seuchenjahr ist beendet. In hoffnungsfreudigem Impfchaos mit ausgefallenem Silvester und Kontaktbeschränkungen gestartet, endet es auch ebenso – nur abzüglich Hoffnung und zuzüglich Frustration. Ein echtes Murmeltier-Jahr also und weiteres Pandemie-Opfer. Oder in Abwandlung eines kölschen Sprichworts: Annemie, isch Pandemie! Denn die Puste geht uns langsam allen aus, egal wie viele G gerade notwendig sind. Die beste Kontaktregel ist eh die Gw-Regel (Gw = Geh weg!).

Aber ehe ich mich absatzweise über gebrochene Politiker-Versprechen, Unfähigkeit und mangelndes Verantwortungsbewusstsein auslasse, wenden wir uns erfreulicheren Dingen zu: der Musik! Naja, immerhin teilweise. Denn die musikalische Qualität gerade auch im Rückblick auf 2020 war gar nicht mal so berauschend. Eher waren Effekte und Begeisterung von überraschend kurzfristiger und wenig nachhaltiger Dauer. Auch der geglaubte Fortschritt in der Pandemie-Bekämpfung spiegelte sich sehr deutlich musikalisch: Dominierten im Winter noch häufig semiprofessionelle oder im Lockdown entstandene Produktions-Schnellschüsse, so schien dann das große Frühlingserwachsen gekommen. Auch bekanntere Namen wagten sich zunehmend aus der Zwangspause und passten sich den veränderten Arbeitsweisen an. Im Sommer schließlich schien Normalität tatsächlich wieder greifbar und blieb doch eine Fata Margana. Im Herbst wurde sogar eine alte schwedische Geheimwaffe unter viel Aufwand und Getöse ausgegraben und kam – ähnlich wie Olaf Scholz´ Bazooka – zum einmaligen Einsatz. Was ABBA in meiner Chart lediglich den etwas fragwürdigen Rekord, seit Bandgründung bislang am längsten für einen aktuellen Nr. 1-Hit gebraucht zu haben, bescherte. Und schließlich folgte eine so noch nie erlebte Schwemme an Weihnachtsliedern, um die trübselige Endsuppe von 2021 zumindest mit etwas festlichem Glitter zu übertünchen. Begeisterung, auf echter Hoffunung beruhender Optimismus und Lebensfreude dürften in diesem Jahr am meisten gefehlt haben. Selbst Musik hilft da als Stimmungsaufheller und -erfrischer nur noch bedingt, wo es eines Luftfilters voll ungetrübtem Spaß bedürfte. Doch der ist auch 2022 nicht in Sicht, egal wieviele "Freedom Days" noch ausgerufen werden.

Der Jahressieg von PENDULUM stand bereits frühzeitig fest und war nie gefährdet. Damit hat wieder mal ein Einzeltrack das Jahr dominiert, der nicht wirklich typisch für die Mehrheit der in diesem Jahr von mir gefeierten Musikspielarten und -interpreten war. Übrigens ist auch PENDULUMeine Formation, die auf der Höhe des Erfolgs genug voneinander hatte und dennoch ihre Existenz nie komplett beendete. "Come Alive" steht für die Energie und die überschäumende Stimmung des Live-Erlebnisses in einer begeisterten Menge. Auch dies ein Pandemie-Opfer und damit folgerichtiges Thema von 2021. Da ihre Musik allerdings in der Vergangenheit nur zwei kleinere Hits in meiner Chart abwarf, ist – wie auch bei vielen anderen neuen oder komplett unbekannten Namen – nicht unbedingt mit vielen weiteren Volltreffern zu rechnen. Die allerdings glückten bislang der noch albumlosen Formation KAFFKIEZ, was sie zu einem der recht wenigen durchgängig erfolgreichen deutschsprachigen Acts macht. Außerdem gab es mit MAUSTETYTÖT, PEAT & DIESELsowie WET LEG gleich mehrere ebenso witzige wie kultige Neuentdeckungen, denen man durchaus eine Beibehaltung ihres Niveaus zutrauen darf. Solche – in diesem Fall gerechtfertigte – Hoffnungen zählten schon mit zum Besten, was 2021 zu bieten hatte.

Augenfällig und auch für mich überraschend ist der große musikalische Unterschied zu 2020, das insgesamt doch recht rocklastig war. Ich hätte im Leben nicht darauf getippt, dass 2021 so international, teilweise exotisch ausfallen würde, dass sich neben die "Standardsprachen" Deutsch, Englisch, Spanisch und gelegentlich Französisch regelmäßig Finnisch, ein Nr. 1-Hit in Polnisch, ein starkes Comeback des Italienischen (nach fast 30 Jahren!) und auch gelegentliche Erfolge in Ungarisch, Ukrainisch, Estnisch und anderen Sprachen mischen würden. Doch irgendwo macht auch das Sinn: Das Eintauchen in andere Kulturkreise, das internatationale Sprachengemisch – auch dies sind Opfer der Pandemie, die einem seit Jugend reisebegeisterten Menschen fehlen.

Somit lasse ich 2021 friedlich ruhen und der Vergessenheit anheim fallen mit der zunehmend vagen Hoffnung, nicht am 1.1.2023 aufzuwachen und erneut zu denken: "Scheiße, Murmeltier-Jahr!"

NÄCHSTE REGULÄRE AUSGABE AM 14.1.22



SIDESTREAM MUSIC NO. 183 - DATE: 08.01.22


           
1 -- Pendulum - Come Alive 1
2 -- Męskie Granie Orkiestra 2021 - I Ciebie też, bardzo 1
3 -- The Kiffness ft. Bilal Göregen - Ievan Polkka (Club Remix) 1
4 -- Amy MacDonald - Bridges 1
5 -- Schattenmann - Epidemie (Eisfabrik Remix) 1
6 -- Wolf Alice - The Last Man On Earth 1
7 -- Jamie Webster - Going Out 1
8 -- Colapesce & Dimartino - Musica leggerissima 1
9 -- ABBA - Don´t Shut Me Down 1
10 -- Superstate feat. Graham Coxon & Valentina Pappalardo - Yoga Town 1
           

Aussteiger

           
  1 Broilers - Vor Mitternacht (Auld Lang Syne) 1
  2 Wet Leg - Chaise Longue 8
  3 La Oreja de Van Gogh - Sirenas 5
  4 Midnight Oil - Rising Seas 8
  5 Jamie Webster - Going Out 11
  6 Bryan Adams - Kick Ass 2
  7 Callum Beattie - It´s Christmas 3
  8 Peat & Diesel feat. Mairead - Fairytale Of Stornoway 2
  9 The Wombats - Ready For The High 7
  10 Fiddler´s Green - Auld Lang Syne 1
           
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